Das Fenster von Pièce Unique, der Pariser Galerie MASSIMODECARLO, verwandelt sich mit Oktober 2025, der neuen Installation von Elmgreen & Dragset, in einen Ort der Ambiguität und Reflexion. Wer ab dem 18. Oktober die Rue de Turenne überquert, wird auf eine Szene stoßen, die zwischen Realität und Fiktion schwebt: Hinter dem Glas der Galerie erscheint eine weibliche Figur, die über einen Schreibtisch gebeugt ist, als sei sie von einem plötzlichen Schlaf oder einem Moment der Müdigkeit ergriffen. Die Frau, eine Galerieassistentin, ist in Wirklichkeit eine hyperrealistische Skulptur, die bis ins kleinste Detail modelliert wurde, um die unsichere Grenze zwischen dem Leben und seiner Darstellung zu verdeutlichen.
Mit October 2025 setzen Elmgreen & Dragset ihre Untersuchung der Rollen und der Dynamik des Kunstsystems fort und rücken in den Vordergrund, was normalerweise verborgen bleibt. Das Verwaltungsbüro, das normalerweise im hinteren Teil des Ausstellungsraums untergebracht ist, wird an das Fenster verlegt und als integraler Bestandteil der Arbeit inszeniert. Der große Schreibtisch nimmt die gesamte Vorderseite der Galerie ein, während die Figur der Frau, die ihren Kopf auf die Arme stützt, die Komposition dominiert. Die Skulptur, die Tag und Nacht zu sehen ist, tritt in einen stillen Dialog mit den Passanten, die unbewusst zu Zuschauern einer rätselhaften Geste werden.
Die Szene lässt mehrere Interpretationen zu. Schläft die Frau, oder schottet sie sich für einige Augenblicke von der Außenwelt ab? Ist sie von ihrer Arbeit erschöpft, oder entscheidet sie sich im Gegenteil bewusst dafür, sich von ihren Pflichten zu lösen, wie ein moderner Bartleby, der “lieber nicht” will? Wie so oft in der Arbeit des Duos gibt das Werk keine Antworten, sondern lädt zum Nachdenken über gesellschaftliche Konventionen und die Art und Weise, wie wir andere beobachten, ein. Elmgreen & Dragset konstruieren Situationen, die die Grenzen zwischen Performance und Skulptur verschwimmen lassen, indem sie realistische Umgebungen schaffen, die sich nach und nach als konzeptionelle Konstruktionen entpuppen.
Das Werk, das rund um die Uhr zu sehen ist, fügt sich in das visuelle Kontinuum der Stadt ein und verschmilzt den täglichen Rhythmus mit der Stille einer schwebenden Szene. Der Hyperrealismus der Skulptur, die mit anatomischer Präzision und Liebe zum Material realisiert wurde, verstärkt das Gefühl der Entfremdung und regt zum Nachdenken über den Zustand der kulturellen Arbeit, über die Müdigkeit und die unsichtbare Präsenz derjenigen an, die das Kunstsystem bewohnen.
Bei Pièce Unique ist der Wandel subtil, aber radikal. Die Architektur der Galerie bleibt unverändert: keine zusätzliche Struktur oder räumliche Veränderung, nur die Anwesenheit eines Körpers, der die Bedeutung des Ortes verändert. Der Effekt ist der eines Kurzschlusses zwischen der Arbeits- und der künstlerischen Dimension, zwischen der Realität einer alltäglichen Umgebung und der Fiktion, die die Kunst einführt. Das Werk wird so zu einem in der Schwebe gehaltenen Fragment des Lebens, eine Geste, die die Trennlinie zwischen Repräsentation und Authentizität in Frage stellt.
Elmgreen & Dragset sind bekannt für ihre Fähigkeit, Ausstellungsräume zu unterwandern und deren Funktionen und Rituale neu zu definieren. Ihre Praxis, die Installation, Skulptur und Performance kombiniert, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Fragen der Sichtbarkeit, Macht und Identität. Mit October 2025 wird das Schaufenster von Pièce Unique zu einem Instrument der wechselseitigen Beobachtung: Der Betrachter schaut auf die schlafende Figur, wird aber seinerseits von der hinter ihm laufenden Stadt beobachtet. Die Transparenz des Glases unterstreicht diese doppelte Blickrichtung und macht jeden Passanten zum Teil der Szene.
Das Projekt findet ein emblematisches Vorbild in Prada Marfa, einem der ikonischsten Werke des Duos, das 2005 in der texanischen Wüste realisiert wurde: eine perfekt rekonstruierte, aber für immer geschlossene Prada-Boutique, die an einem isolierten Abschnitt der Autobahn liegt. Auch in diesem Fall war das Schaufenster der Berührungspunkt zwischen Fiktion und Realität, eine Schnittstelle, die zum Nachdenken über Konsum, Zugang und Distanz anregte. In Paris ist der Maßstab verkleinert, aber der konzeptionelle Mechanismus bleibt ähnlich: Oktober 2025 führt ein fremdes Element in einen vertrauten Kontext ein und erzeugt einen Moment der Suspension und des Hinterfragens.
Die Ausstellung findet fast ein Jahr nach L’Addition statt, der großen Ausstellung, die Elmgreen & Dragset 2024 im Musée d’Orsay in Paris präsentierten. Bei dieser Gelegenheit installierten die Künstler Skulpturen zeitgenössischer männlicher Figuren im Hauptgang des Museums, von denen einige kopfüber an einer temporären Struktur hingen. Die Intervention, die im Dialog mit der ständigen Sammlung des Museums stand, stellte die Tradition der männlichen Darstellung in der Kunstgeschichte in Frage und untergrub die Idee von Heldentum und Verletzlichkeit.
October 2025 setzt diese Untersuchung des Blicks und der Wahrnehmung fort, wählt aber einen intimeren Kontext. Während im Musée d’Orsay die Monumentalität des Raums eine kollektive Reflexion anregte, wird das Gerät hier häuslich, fast privat. Der schlafende Assistent wird zu einer Schwellenfigur: weder heroisches Subjekt noch Opfer, sondern stille Präsenz, die die Grenze zwischen dem realen Leben und dem konstruierten Bild besetzt.
Michael Elmgreen, 1961 in Kopenhagen geboren, und Ingar Dragset, 1969 in Trondheim geboren, arbeiten seit 1995 zusammen und leben und arbeiten in Berlin. Im Laufe ihrer Karriere haben sie die Art und Weise, wie Ausstellungsräume bewohnt werden können, neu definiert und Museen und Galerien in erzählerische Räume verwandelt. Ihre Installationen kombinieren Elemente aus Architektur, Design und Theater, um die unsichtbaren Strukturen von Macht und Repräsentation zu entlarven. Mit Ironie und formaler Strenge greift das Duo Themen wie Politik, Sexualität und Identität auf und fordert den Betrachter auf, seine eigene Position innerhalb des Kunstsystems zu erkennen.
Zu ihren bekanntesten Werken gehört neben Prada Marfa die Intervention Short Cut (2003), die in Zusammenarbeit mit der Fondazione Nicola Trussardi in Mailand entstand und bei der zwei Autos aus dem Boden der Galleria Vittorio Emanuele aufzutauchen schienen, wodurch eine surreale Szene im Herzen der Stadt entstand. Mit diesen Werken haben Elmgreen & Dragset eine Poetik entwickelt, die die konzeptionelle Geste mit der spektakulären Dimension verbindet und dabei stets einen kritischen Subtext zur zeitgenössischen sozialen und kulturellen Dynamik beibehält.
Das Duo hat in den wichtigsten Museen und Biennalen der Welt ausgestellt, darunter die Biennale von Venedig, wo sie 2009 eine besondere Erwähnung für ihr Projekt “The Collectors” erhielten, das gemeinsam im dänischen und nordischen Pavillon präsentiert wurde. Im Jahr 2002 gewannen sie den “Preis der Nationalgalerie für Junge Kunst” im Hamburger Bahnhof in Berlin und 2017 waren sie Kuratoren der 15. Istanbul Biennale.
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In Paris stellen Elmgreen & Dragset mit einem neuen Werk die Konventionen der Kunstwelt auf den Kopf |
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