Luc Tuymans kehrt nach Venedig zurück, und zwar mit einem Projekt für die Basilika von San Giorgio Maggiore. Vom 9. Mai bis zum 23. November 2025 wird der belgische Maler der Protagonist eines neuen Auftrags in dem Gotteshaus sein, einem der symbolischen Orte der Lagunenstadt und ihrer religiösen und kulturellen Geschichte. Zwei neue, speziell angefertigte Gemälde werden ihren Platz auf dem Hochaltar der Basilika einnehmen und vorübergehend die Gemälde von Jacopo Tintoretto aus dem 17. Jahrhundert ersetzen, die derzeit nach mehr als einem halben Jahrhundert einer konservativen Restaurierung unterzogen werden. Die Initiative ist eine Zusammenarbeit zwischen der Benediktinergemeinschaft von San Giorgio Maggiore - unter der Leitung von Abt Stefano Visintin osb -, der Benedicti Claustra Onlus und der Sammlung Draiflessen. Letztere beauftragte Tuymans gemeinsam mit den Benediktinermönchen mit der Schaffung der Werke und bekräftigte damit das erneute Engagement der Kirche, einen sinnvollen Dialog mit der zeitgenössischen Kunst zu fördern.
Tuymans, der 1958 geboren wurde, gilt als einer der einflussreichsten Maler seiner Generation. Nach der bedeutenden Retrospektive im Palazzo Grassi im Jahr 2019 ist seine Rückkehr nach Venedig Teil eines Forschungsweges, der darauf abzielt, Erinnerung, Alltagsleben und Spiritualität miteinander zu verbinden. Die beiden Leinwände, die speziell für das Presbyterium der palladianischen Basilika konzipiert wurden, sind von Bildern inspiriert, die der Künstler auf seinen Reisen gesammelt hat: Fragmente und scheinbar gewöhnliche Details, die durch seine Malerei mit einem rätselhaften und transzendenten Sinn aufgeladen werden. Tuymans’ Gemälde zeichnen sich durch die Wahl ungewöhnlicher, oft gedämpfter oder entsättigter Farbtöne, verwirrender Perspektiven und schwebender, fast surrealer Atmosphären aus. Die Erzählung folgt keinem linearen oder didaktischen Weg, sondern lädt den Besucher ein, das Göttliche im Alltäglichen, in den Falten der einfachsten Realität zu suchen. Genau das ist das Ziel der Intervention: eine spirituelle und kulturelle Erfahrung für die Gläubigen und Besucher der Basilika zu schaffen, die zum Nachdenken, zur Selbstbeobachtung und zur Konfrontation anregt.
Die Initiative, kuratiert von Carmelo A. Grasso. Direktor und institutioneller Kurator der Abtei, zusammen mit Corinna Otto, Direktorin der Sammlung Draiflessen, und dem unabhängigen Kurator Ory Dessau, ist Teil eines seit mehr als zehn Jahren laufenden Projekts, das darauf abzielt, eine fruchtbare Beziehung zwischen der Kirche und der Sprache der zeitgenössischen Kunst wiederherzustellen.
Ein weiteres Element unterstreicht den außergewöhnlichen Charakter des Projekts: Neben den beiden Gemälden ist Luc Tuymans auch an der Schaffung einer zeitgenössischen Bilderhandschrift beteiligt, die im Zentrum des Hauptchors auf dem Lesepult der Badalone, dem Ort des Chorgebets der Mönchsgemeinschaft, ausgestellt wird. Dieses Werk wird in die Sammlung zeitgenössischer illuminierter Handschriften aufgenommen, die 2019 von Benedicti Claustra Onlus herausgegeben wird und an der bereits mehrere zeitgenössische Künstler mitgewirkt haben. Es ist ein konkretes Zeugnis des Wunsches der benediktinischen Gemeinschaft, offen für die Gegenwart zu sein und Künstlern einen Raum zu bieten, in dem sie ihre Forschungen in neuen Sprachen ausdrücken können, die dennoch tief in der Tradition verwurzelt sind.
Im Laufe der Jahrhunderte hat die Kirche eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Kunst gespielt und zur Entstehung von Meisterwerken beigetragen, die noch heute unser kulturelles Erbe prägen. In jüngster Zeit hat sich diese Beziehung jedoch abgeschwächt. Die Präsenz der Kirche als Auftraggeberin von Kunstwerken hat abgenommen und einer Kulturlandschaft Platz gemacht, in der die Interaktion zwischen Spiritualität und künstlerischer Sprache seltener erscheint. Tuymans’ Intervention will dagegen zeigen, dass dieser Dialog nicht nur wiederhergestellt, sondern auch durch mutige und zeitgenössische Erfahrungen wiederbelebt werden kann. Für den belgischen Künstler ist die Malerei ein Mittel, um die unsichtbaren Dimensionen der Wirklichkeit zu erforschen. Seine oft bewusst verschwommenen und von gedämpften Tönen durchdrungenen Bilder inszenieren eine Ästhetik der Subtraktion, in der das Verschwiegene oder nur Angedeutete eine außergewöhnliche Aussagekraft erhält. Es handelt sich dabei nicht um eine bloße Dekoration, sondern um einen Prozess der Untersuchung: Das Kunstwerk wird zu einem Spiegel, der dem Betrachter die Reflexion seines eigenen Inneren zurückgibt.
In diesem Sinne ist das Projekt für San Giorgio Maggiore weder eine Neuinterpretation noch eine Nachbildung der Meisterwerke Tintorettos. Vielmehr soll es einen autonomen und zutiefst zeitgenössischen Akt darstellen, bei dem Tuymans die Freiheit hatte, sich an der Sakralität des Raumes, seiner Geschichte und der Interaktion zwischen Architektur, Liturgie und Gemeinschaft zu messen. Seine Werke konfrontieren die Monumentalität der Basilika und treten in einen stillen, aber kraftvollen Dialog mit den Gläubigen und Pilgern, die täglich das Kirchenschiff durchschreiten.
Luc Tuymans, der in Antwerpen lebt und arbeitet, hat an zahlreichen internationalen Ausstellungen in Städten wie New York, London, Frankfurt, Paris, Chicago, Toronto, Osaka und Peking teilgenommen. In seiner Poesie hat er sich häufig mit traumatischen historischen Ereignissen auseinandergesetzt: dem Holocaust (mit dem Werk Gaskamer, 1986), dem belgischen Kolonialismus(Mwana Kitoko, 2000) und dem Terrorismus(Still Life, 2002), wobei er Bilder des täglichen Lebens als Mittel einsetzt, um ein Gefühl der Beunruhigung hervorzurufen und eine kritische Reflexion anzuregen. Seine erste Teilnahme an der Biennale von Venedig war 1997 mit dem Gemälde Illegitimate II, gefolgt von der Vertretung Belgiens im Jahr 2001 mit der Ausstellung Mwana Kitoko. Beautiful White Man, die sich mit der belgischen Kolonialgeschichte und der Unabhängigkeit des Kongo befasst. Im Jahr 2019 wurde im Palazzo Grassi seine erste italienische Retrospektive La Pelle mit mehr als achtzig seit 1986 entstandenen Werken gezeigt. Heute sind seine vier Wandgemälde mit dem Titel L’Orphelin in der Rotonde Valentin de Boulogne des Louvre ausgestellt.
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Venedig, Luc Tuymans in San Giorgio Maggiore: zwei neue Werke als Ersatz für die Tintoretto-Gemälde |
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